12.06.2024

Landesmittel für Zelltherapie-Forschung zu Mesenchymalen Stromazellen

Forschende um den Ulmer Unimediziner Hubert Schrezenmeier erhalten vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg eine Anschubfinanzierung in Höhe von 600.000 Euro. Damit soll ein EU-Konsortium für den breiten therapeutischen Einsatz Mesenchymaler Stromazellen (MSC) aufgebaut werden.

 

Mesenchymale stromale Zellen sind unreife Bindegewebszellen, die an Zellkulturplastik anhaftend wachsen und aus einer Vielzahl von Geweben isoliert werden können. Die teilungsaktiven Fibroblasten-ähnlichen Zellen des Bindegewebes können sich zu Knochen-, Knorpel- oder Fettzellen differenzieren. Die Anzahl dieser Zellen ist gering. Im Knochenmark, aus dem sie sich am leichtesten isolieren lassen, ist nur eine von 10.000 bis 100.000 Zellen eine MSC. Hat man solche Zellen gefunden, müssen sie deshalb in Kulturen vermehrt werden, damit sie in ausreichender Menge für Behandlungen zur Verfügung stehen.

 

Entwicklung von Herstellungsstandards für klinischen Einsatz

Um MSC für die Entwicklung neuartiger Arzneimittel zu nutzen, werden sie dem Knochenmark oder Fettgewebe von Spendern entnommen und ex vivo kultiviert und charakterisiert. Schrezenmeier (Bild: Universität Ulm) sucht „nun nach Wegen, wie sich solche ‚lizensierten‘ Mesenchymale Stromazellen nach besten Standards herstellen und für den klinischen Einsatz in großem Maßstab kultivieren lassen“. 

 

Der Mediziner ist Ärztlicher Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin des Uniklinikums Ulm und des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik (IKT).

 

Die MWK-Förderung erhält Schrezenmeier für das von ihm geleitete Forschungsprojekt „Prime 4 Regeneration. Daran beteiligt sind vier weitere Forschende aus der Ulmer Universitätsmedizin:  Markus Huber-Lang (Institut für Klinische und Experimentelle Trauma-Immunologie), Anita Ignatius (Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik) sowie Karin Scharffetter-Kochanek (Klinik für Dermatologie und Allergologie) und Florian Gebhard (Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie. Die Medizinerinnen und Mediziner forschen seit vielen Jahren – teils in federführender Funktion – auch im Ulmer Sonderforschungsbereich zur Traumaforschung.

 

Schrezenmeier forscht seit vielen Jahren zum klinischen Einsatz von MSC. Deren therapeutisches Potential sieht er in der „Unterstützung des Knochenwachstums, der Knorpelregeneration, der Wundheilung oder der Regulierung von Immunreaktionen“. 

 

Derzeit noch wenige MSC-Produkte auf dem Markt

Trotz inzwischen mehr als 1.700 klinischen Studien  mit diesen Zelltypen, sind bisher nur wenige klinisch relevante Produkte auf dem europäischen Markt, die auf diesen Zelltypen beruhen. Derzeit stehen in Deutschland drei pharmazeutisch sehr unterschiedliche MSC-Präparate zur Verfügung, alle aus Zellen gesunder Spender und für sehr unterschiedliche Krankheitsbilder. (Besser et al., S. 230, in Fehse et al. (Hg.), Gen- und Zelltherapie 2.023, AG Gentechnologiebericht, Forschung, klinische Anwendung und Gesellschaft, Berlin 2024. )

 

Zwei Präparate, mit einer zeitlich befristeten nationalen Genehmigung, müssen ihre Wirksamkeit im Rahmen kontrollierter Studien noch zeigen (Besser, ebd., S. 225); ein MSC-Präparat zur Behandlung von perianalen Fisteln bei Morbus Crohn hat das regulatorisch hochwertigere, unbefristete europäische Zulassungsverfahren durchlaufen. Als problematisch für die Anwendung von MSC gilt die Heterogenität der Zellprodukte, die in weiterer Forschung kontrolliert werden müsse (Besser et al., ebd.).

 

Ulm ist seit 2009 federführend an sechs großen EU-Verbundprojekten zum Thema Mesenchymale Stromazellen beteiligt, mit 44 Partnern und einer Gesamtfördersumme von über 40 Millionen Euro. Mit Hilfe der BEGIN-Anschubfinanzierung für europäische Großvorhaben wollen die Ulmer Medizinerinnen und Mediziner nun an diese wissenschaftlichen Vorerfolge anknüpfen und über die „Europäische Partnerschaft für Personalisierte Medizin“ (EP PerMed) neue Förderanträge stellen.   

 

Zukünftige EU-Verbundvorhaben, so teilt die Ulmer Uni mit, wollen eine Biobank für Mesenchymale Stromazellen aufbauen, um diese als Arzneimittel für neuartige Therapien einzusetzen. Da deren „Leistungsfähigkeit“ und Kultivierbarkeit stark von individuellen Faktoren abhänge, sollen die Zellspenden von freiwilligen, gesunden Spendern mit entsprechend „potenten“ MSC kommen. 

„Uns ist bereits der Proof of Concept für den therapeutischen Einsatz von MSC gelungen, und jetzt wollen wir die maßgeschneiderte und funktionskontrollierte Kultivierung in Angriff nehmen“, betont Schrezenmeier. 

 

Weitere Infos: 

 

Übersichtsartikel zu therapeutischem Potential von MSC

 

PM der Uni Ulm, 23.05.2024

 

Ergänzende Informationen zu Prof. Hubert Schrezenmeier

 

Schwerpunkt Multidimensionale Traumawissenschaften